Dean Fairhurst (Gesang und Gitarre), Louis Menguy an der Solo-Gitarre, Bassist Ben Breslin und Schlagzeuger Peter Fleming setzen auf Retro-Sound aus den 60ern. Fotos: Niels Holger Schmidt
Die englischen Retrorocker SLYDIGS haben das große Los gezogen: Das Quartett aus dem Nordwesten Englands eröffnet für die Rock-Ikonen THE WHO auf ihrer aktuellen Tour und kann dort dem Auditorium ihren eigenen Tonträger „Down With The Mockery“ näher bringen. Auf dem ist nachzuhören: SLYDIGS sind tief verwurzelt in der musikalischen Geschichte ihrer Heimat. In ihrem Sound hört man Vorbilder wie die STONES, BEATLES oder OASIS ebenso deutlich heraus, wie eben auch THE WHO. Letztere auch, weil es bei SLYDIGS deutlich mehr rockt als bei den Vorgenannten. Vor dem Auftritt mit Pete Townsend & Co in Oberhausen standen Bassist Ben Breslin und Schlagzeuger Peter Fleming unserem Mitarbeiter André Urban Frage und Antwort.
Musical Oberserver: Herzlich Willkommen in Deutschland! Ich hoffe ihr genießt es hier
und habt eine gute Zeit?
Peter Fleming: Danke. Alles super und nett.
m/o: Wann habt ihr als Band zusammen angefangen?
Ben Breslin: In dieser Besetzung? Vor sechs Jahren. Ich bin als letzter dazu
gestoßen. Ich habe vorher andere musikalische Sachen gemacht. Peter kam zwei Jahre vor mir. Die Band an sich besteht aber schon etwa zehn Jahre. Wir kennen uns alle seit
Schulzeiten.
m/o: Es ist eigentlich unsinnig, nach euren musikalischen Einflüssen zu fragen. Sie sind
unüberhörbar, ohne dass ihr 1:1 kopiert. Ich frage trotzdem. Welche Bands oder Musiker haben euch inspiriert?
Ben: ROLLING STONES!
Peter: Ja, der 60er-Jahre-Rock n` Roll: BEATLES, WHO, STONES! Ganz verschiedene Stile! Ben mag
zum Beispiel vieles aus der Folk-Music-Ära. Blues natürlich auch!
Ben: Ja! Man kann eigentlich nicht sagen, dass es eine bestimmte Band ist, die
uns direkt beeinflusst. Musik ist auch nur ein Einfluss von vielen. Es geht immer um gute Songs. Wir lieben alle gute Songs.
m/o: Es ist also ein organisches Ding bei euch? Die Einflüsse sind die Wurzeln, an denen
ihr wachst und euch entwickelt?
Ben: Exakt! Wir sind ganz in der Musik und versuchen nicht wie irgendwer zu
klingen. Wir denken nicht darüber nach, sondern bleiben immer wir. Ganz natürlich.
m/o: Als ich gestern zum ersten Mal eure EP „Down With The Mockery“ hörte, konnte ich
nicht genau festmachen, welche Bands euch beeinflusst haben. In einem Moment hört man die STONES, dann die BEATLES oder OASIS. Was ist eure Inspiration als
Rhythmusgruppe?
Peter: Für mich persönlich war ein Schlüsselmoment, als ich John Bonham „Moby
Dick“ spielen gehört habe. Vor allem in der Live-Version aus der Royal Albert Hall. Da wusste ich: Ich will Drummer werden. Und natürlich Keith Moon!
Ben: Bei mir waren es nicht nur musikalische Gründe. Ich war ja
Singer/Songwriter bevor ich gefragt wurde, ob ich professionell bei SLYDIGS einsteigen möchte. Das waren Jungs mit professioneller Einstellung und bei mir war es genauso. Wir passten also gut
zusammen und wollten in die gleiche Richtung.
m/o: Peter, eurer Promotext stellt dich als Percussionist, nicht als Schlagzeuger vor.
Was macht für dich den Unterschied zwischen Drums und Percussion?
Peter: Das bezieht vorwiegend auf einen Song in der Show, bei dem ich keine
Drums spiele, sondern Percussioninstrumente, wie Tambourin und Background singe. Gitarre spiele ich auch.
m/o: Eure EP hat mich klanglich sehr beeindruckt. Jedes Instrument ist so klar definiert
zu hören. Bei vielen anderen Produktionen, etwa bei OASIS, ist das viel verschwommener. Man kann manchmal nicht genau hören, was einige Instrumente spielen.
Peter: Ja, vor allem bei den früheren Alben, war das Schlagzeug da sehr leise
gemixt.
Ben: Da fehlt es an Dynamik und dann verlieren sich Sounds im Mix. Mir gefallen da eher die
härteren Sounds bei denen.
m/o: Das hört man auch bei euren Aufnahmen. Ein Mix an Einflüssen. Klingt teilweise auch
mal nach THUNDER oder GUNS 'N ROSES?
Peter: Gehört haben wir das natürlich. Aber ich denke das ist subjektiv. Jeder
hört das heraus, was er selber gut kennt. Ist wie die Meinung darüber, ob man Songs mag oder nicht. Da entscheidet jeder für sich.
Ben: Das ist unser Talent!
m/o: Ihr habt ein Privileg, dass nicht viele Newcomer Bands haben: Ihr dürft für THE WHO
eröffnen. Was ist das für ein Gefühl mit einer Iko wie Pete Townsend unterwegs zu sein?
Peter: Ein Traum wird wahr! Pete ist großartig! Egal wo man ihn trifft, nach
der Show oder beim Frühstück, es ist großartig mit ihm zu reden.
Ben: Du weißt, alles ist in Ordnung, wenn Pete in den Raum kommt. Es ist biblisch! Er ist der
einzig Wahre.
Die Geschichte der Band aus dem britischen Warrington ist keine der üblichen, nach dem Motto: Einsame Musiker
lernen sich über das Internet kennen und eine Woche später stehen vier Unbekannte nebeneinander in einem Proberaum. Dean Fairhurst (Gesang und Gitarre) und Louis Menguy (Gitarre) kennen sich
schon seit der gemeinsamen Schulzeit in Newton, einem Vorort von Warrington, einer 200.000-Einwohner-Stadt zwischen Liverpool und Manchester.
Stilistisch reicht die Bandbreite der Band von den ROLLING STONES bis zu THE CLASH, textlich lässt sich
Hauptsongwriter Dean Fairhurst von einer breiten Auswahl Prosa zwischen Berthold Brecht bis Hunter S. Thompson inspirieren. Mischt man also zu klassischen Rockstrukturen und handgemachter
Rock-Poesie noch eine gehörige Portion der Spielfreude der frühen KINKS, hat man ungefähr eine Vorstellung davon, wie einer der aufregendsten neuen UK-Bands klingt, die jetzt erstmalig
Headline-Shows in Deutschland spielen wird.