Es gibt sie wieder: TON STEINE SCHERBEN sind wieder unterwegs und schauten am 17. Januar im Düsseldorfer zakk vorbei – leider mit zu wenig politischem Biss.
Die Truppe zieht noch immer, auch fast 20 Jahre nach dem Tod von Frontmann Rio Reiser. Das zakk war zumindest picke packe voll – allerdings vor allem mit älteren Semestern.
Und die Show war ähnlich: Musikalisch opulent, handwerklich sehr ordentlich, aber irgendwie doch etwas aus der Zeit gefallen. Zur aktuellen Besetzung gehören noch die drei Ur-SCHERBEN RPS Lanrue an der Gitarre, Funky K. Götzner an Schlagzeug und Percussion und Kai Sichtermann am Bass. Ergänzt wird das gesanglich von Lanrues Tochter Ella Josephine Ebsen und seiner Schwester Elfie-Esther Steitz durch (alte und junge) Menschen aus der SCHERBEN-Familie unterstützt. Außerdem gibt es einige Neuzugänge wie Maxime S.P. am Schlagzeug & Percussion, Lukas McNally an Piano und Gesang sowie Nicolo Rovera, der Rio an Gitarre und Gesang vertrat. Das machten sie alle auch sehr ordentlich, servierten neben einigen unbekannteren Stücken aus dem SCHERBEN-Universum vor allem Klassiker von „Keine Macht für Niemand“ über „Halt dich an deiner Liebe fest“ bis zu „Macht kaputt was Euch kaputt macht“. Mag sein, dass die Herrschaften noch immer politisch sind. Allerdings gab es dafür keinen Anhaltspunkt jenseits der Jahrzehnte alten Texte. Aktuelle Einordnung? Stellungnahmen zu heutigen Ereignissen? Alles Fehlanzeige. Dass dies durchaus anders geht, ohne das eigene Erbe zu lächerlich zu machen, haben SLIME jüngst gezeigt. Von den reformierten SCHERBEN gab es keinen Kommentar zum Zeitgeschehen. Dabei muss man Nummern wie „Mein Name ist Mensch“ fast als vorzeitigen Kommentar zur rassistischen PEGIDA-Hetze verstehen, oder den „Rauch-Haus-Song“ als antizipierende Verarbeitung der Gentrifizierung in Berlins alten Alternativ-Vierteln oder „Wir streiken“ als Unterstützung der Arbeitskämpfe bei Amazon. Ein bisschen mehr Diesseitigkeit hätte den linken Szenevetarenen gut zu Gesicht gestanden. Schade, so war es vor allem ein Abend, an dem Gassenhauer abgefeiert wurden. -nhs